RCE #RemoteCodeExecution: „Es braucht eine Revolution, zu der man tanzen kann!“

RCE im Berliner Ensemble © Moritz Haase

Berlin • Der Regisseur Kay Voges bringt Sybille Bergs rebellischen Roman „RCE #RemoteCodeExecution“ auf die Bühne des Berliner Ensembles und versucht mit den Mitteln der Theatralik aufzuzeigen, wie Hacker eine durchdigitalisierte Welt beeinflussen.

„Man muss noch Chaos in sich tragen, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“, sprach Zarathustra in Nietzsches Werk – auch Voges BE-Ensemble trägt noch Chaos in sich. Es überflutet das menschliche Hirn in Bruchteilen von Sekunden mit gesprochenen Wort, Gesang und Bildern. Die Aussagen der Darsteller:innen werden zeitgleich auf die Bühne, ein weißes Oktagon, projiziert. Dort finden ebenfalls KI-generierte Bilder, Fotos aus dem Weltgeschehen und Kurzfilme seinen Platz.

Es ist eine Masse an Daten und Informationen, die die uniformen, anzugtragenden Schauspieler:innen dem Publikum näherbringen. Dabei erinnert das weiße Achteck an ein Raumschiff oder an eine Wohnzelle aus dem Science-Fiction-Film „das fünfte Element“ – jedenfalls befinden wir uns in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft, in der die Welt vollständig digitalisiert ist. Maschinen haben einen großen Teil menschlicher Aufgaben übernommen und (Fitness)influencer haben die Dauerwerbesendung für sich entdeckt.

Daten, Daten, Daten! – Panoptikum und Simulakren in „RCE“

Daten, Daten, Daten! – Der Mensch lebt in „RCE“ in einer spätkapitalistischen Gesellschaft, in der die Autokratie herrscht. Durch die großzügige Freigabe an seinen Daten, wird das Individuum komplett überwacht und von den Plattform- und Kapitaleigner:innen durchleuchtet, die seine freigegebenen Daten als Ware handhaben.

Seinen Drang nach Wohlstand hat ihn in ein foucaultsches Panoptikum verachtet. Dort lebt er völlig verwahrlost zwischen Simulakren; kann Wirklichkeit von Simulation nicht trennen und verläuft sich in unterschiedlichen Propaganda-Zweigen. Diese Situation macht sich ein europaweites Hacker:innen-Netzwerk zunutze, in dem sie über eine Fernsteuerung entscheidende Systeme mit #Remote Code Executions (=RCE) hackt. Die Hacker:innen beginnen die lethargische Gesellschaft zu einem Neustart zu mobilisieren und versuchen das System mit seinen eigenen Methoden zu Fall zu bringen.

„Kill your Darlings“ – Reizüberflutung lässt den Faden verschwinden

Regisseur Voges hat den üppigen Roman von der Autorin Berg auf 75 Minuten zusammengestaucht; was hinsichtlich der Story gut funktioniert. Problematisch sind jedoch die vielen eingesetzten Elemente, die es dem Hirn schwer machen, zu folgen. Die Augen springen nämlich von den Darsteller:innen, zu dem Text, zu den Bildern und gleichzeitig versuchen die Ohren die Akustik einzufangen. Oftmals wird dadurch nicht deutlich, welches Anliegen die Schauspieler:innen auf der Bühne haben; weil eine totale Reizüberflutung herrscht und so der Faden verloren geht. Das Spiel mit den vielen digitalen Mitteln ist zwar ästhetisch ansprechend; aber zu viel des Guten.

Um es mit den Worten des kürzlich verstorbene Dramatikers René Pollesch auszudrücken, „Kill your Darlings“. Manchmal ist weniger mehr. – Aber vielleicht bringt die Inszenierung Bergs Wunsch, „Europa neu (zu) erfinden, alle kaputten Systeme durch funktionierende austauschen (…) (durch) eine friedliche und effektive Revolution (…), etwas näher.

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Weitere Spieltermine, 5. Mai, 25. und 26. Mai, 17. und 18. Juni, 24. und 25. Juni, sowie am 8. Juli und letztmalig vor der Sommerpause am 9. Juli 2024. Karten sind zu ergattern über den Webshop oder an der Theaterkasse.

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