Wie viel kostest Du?

Regisseur Thomas Ostermeier verwandelt Henrik Ibsens >>Ein Volksfeind<< (UA Schaubühne, 2012) in ein politisches Stück, welches in realistischer Manier nach dem Preis der Wahrheit in unserer ökonomisierten Gesellschaft fragt.

Obwohl die Uraufführung von Ostermeiers >>Ein Volksfeind<< knapp fünf Jahre her ist, trifft es unseren heutigen Zeitgeist auf dem Punkt. Wir sind gefangen zwischen Recht und Gerechtigkeit, Macht und Wahrheit und der Frage, für welchen Preis ein Mensch beginnt seine Überzeugungen zu verraten? Wie hoch ist der Preis um die Wahrheit fallen zu lassen? Ab welchen Betrag wird Recht zu Unrecht? Oder welches Gefühl motiviert uns zu betrügen? In Ibsens >>Ein Volksfeind<< findet der Badearzt Thomas Stockmann (Christoph Gawenda) heraus, dass das Wasser im Kurort mit krankheitserregenden Mikroorganismen kontaminiert ist. Nachdem er seine Langzeitstudie seinen Freunden von der Presse zeigt, stehen sie absolut hinter ihm, oder wie der Verleger Aslaksen (David Ruland) so schön sagt: >>Sie haben die Mehrheit hinter sich.<<. Ein Artikel wird für den Druck vorbereitet, um das Volk über das verunreinigte Wasser aufzuklären. Doch dann taucht Thomas Bruder Peter (Ingo Hülsmann) in der Redaktion auf. Er ist der Stadtrat von dem Kurort und vergegenwärtigt dem Verleger Aslaksen und dem Redakteur Horstad (Renato Schuch), welche Auswirkungen so ein Skandal auf die Gemeinde haben würde. Prompt wird der Druck gestoppt. – Ab wann fängst Du an gegen Deine Überzeugungen zu handeln?

Der Regisseur Ostermeier inszeniert Ibsens Drama in realistischer Manier. Thomas Stockmann ist ein junger promovierter Familienvater, lebt mit Ehefrau (Eva Meckbach) und Kind in einer studentenähnlichen Bleibe, in der seine Freunde zum Jamen oder zum Essen vorbeischauen. Das Bühnenbild ist schlicht und zeichnet sich durch die ästhetischen Wandzeichnungen der Künstlerin Katharina Ziemke aus. Besonders durch Ostermeiers Methode des Storytelling können sich Zuschauer mit den Schauspielern und dem Gespielten identifizieren, was bei Thomas Stockmanns einberufener Versammlung zu einer hohen Partizipation der Zuschauern führt. In der Versammlung geht um das Ich, welches in unserer Gesellschaft irgendwo hineingepresst wird. INTEGRATION. Schlägt diese Integration bei Kindern beispielsweise fehl, dann werden sie pathologisiert, haben ADHS und bekommen Medikamente. Schließlich bewegt sich die Diskussionsrunde in Richtung Demokratie und der Frage: Ist es noch Demokratie, wenn es die Demokratie in Frage stellt?

Christoph Gawenda Foto: Arno DeclairChristoph Gawenda Foto: Arno Declair

>>Tut mir Leid, wir konnten nicht anders.<<

Eigentlich verdient unsere Gesellschaft den Untergang, da muss ich Dr. Stockmann zustimmen. In unserer Gesellschaft kann ein jeder erfolgreich sein, wenn er bloß Macht hat. Wer Macht hat, hat Freunde. Und wer im Recht ist, dem steht schon längst keine Gerechtigkeit zu. Er kann sich diese aber kaufen, sobald er die finanziellen Mittel dafür hat. Laut Aslaksen, ist der Mensch wandelbar, hoffentlich wandelt er sich bald zum besseren.

>>Ein Volksfeind<< | Schaubühne Berlin | Termine unter: http://www.schaubuehne.de/de/produktionen/ein-volksfeind.html/m=318  Karten unter: +49.30.890023 oder ticket@schaubuehne.de

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