Revolution in der Dunkelkammer
Ein Magier der mit den Strahlen des Lichts und dem Dunkeln zaubert
„Alles kann durch das Licht verändert, deformiert oder eliminiert werden. Es ist genauso geschmeidig wie der Pinsel.“ (Man Ray)
MAN RAY – FOTOGRAF IM PARIS DER SURREALISTEN heißt die Ausstellung vom 15.9. bis zum 8.12.2013 des Max Ernst Museums in Brühl. In dieser einmaligen Ausstellung bekommt der Rezipient rund 150 fotografische Werke des wichtigsten Fotokünstlers des 20. Jahrhunderts zu sehen. Sogar selten gezeigte Aufnahmen aus den Fotosammlungen führender Museen in Deutschland, Frankreich und den USA schmücken die Ausstellung.
Man Ray (Michael Emmanuel Radnitzky) oder der „große Poet der Dunkelkammer“, wie Jean Cocteau ihn nannte, zählt zu den wichtigsten Fotokünstlern des Surrealismus und zu den Revolutionären der Fotografie. Obwohl er sich selbst eher als Maler, Objektkünstler oder Filmemacher sah, hat er weitgehend unsere Vorstellungen von der Fotografie mit seinen Techniken der „Rayografie“ und der „Solarisation“ geprägt. Die „Rayografie“ hat Man Ray Anfang der 1920er Jahre entwickelt. Bei dieser Technik werden Gegenstände auf ein Fotopapier gelegt und belichtet, sodass die belichteten Gegenstände eine neue Sichtweisen auf unsere Wirklichkeit offenbaren und eine faszinierende Bilderwelt aus Licht und Schatten wiedergeben. Ein Wechselspiel von Hell und Dunkel lässt banale Alltagsgegenstände geheimnisvoll auftauchen und verleiht ihnen eine geisterhafte Form. Die „Solarisation“, welche eine starke Überbelichtung im Entwicklungsprozess beschreibt, hat Man Ray als surrealistischen Verfremdungseffekt eingesetzt, um Körper sowie Gegenstände in einer geheimnisvollen Aura erstrahlen zu lassen. Am besten wird die „Solariation“ in der Aufnahme „Profil und Hände“ (1932) sichtbar, dort scheinen die Hände vor allem die Fingernägel wie aus Porzellan.
Mit diesen Techniken wollte Ray die Fotografie aus ihrer dokumentarischen Abbildhaftigkeit befreien und der Reproduktionsfähigkeit von Fotografie entgegenwirken sowie das unbewusste, scheinbare, hintergründige und das angedeutet mystische des Abgelichteten hervorholen. Neben den abgelichteten Alltagsgegenständen und Porträtbildern von prominenten Künstlern, nimmt die Darstellung der Frau im Sinne der Aktfotografie eine zentrale Stellung in seinen Fotografien ein. Mit den Aktfotografien versuchter er auch teilweise seine erotischen Fantasien auszuleben.
Die Ausstellung MAN RAY – FOTOGRAF IM PARIS DER SURREALISTEN legt ihren Schwerpunkt auf die 1920- und 1930er Jahre, weil diese Jahrzehnte als die produktivsten seines Schaffens gelten. Das vielleicht bekannteste Bild der Ausstellung ist „Le violon d’Ingres“ (Die Violine von Ingres) (1924). Es zeigt Kiki vom Montparnasse (eigentlich Alice Prin) in Rückenansicht mit schablonierten Formen von Schalllöchern, die Man Ray später einbelichtete. In surrealistischer Manier deutet die weibliche Silhouette auf eine Violine hin. Auch „Noire et blanche“ (Schwarz und Weiß) (1926), welches Man Ray wegen seiner Vielschichtigkeit sehr schätzte, ist eine sehenswürdige Aufnahme der Ausstellung. In „Noire et blanche“ positioniert Man Ray fast waagerecht den Kopf von Kiki, der isoliert vom Körper erscheint, und setzt ihn in Kontrast mit einer dunklen auf Hochglanz polierten afrikanischen Maske im Boule-Stil, welche Kiki mit ihrer Hand in der Senkrechten stützt. Die Fotografie erfährt ihre Vielschichtigkeit im Hinblick auf ihren Kontrast, da sie nicht nur Bezug auf den Prozess der Schwarzweißaufnahmen nimmt, sondern auf die Rassenproblematik aufmerksam macht. Weiter sind die Augen von Kiki und der Maske geschlossen, sodass sie ein Einsinken in das Unbewusste signalisieren. Mein absolutes Highlight der Ausstellung war die Fotografie „Les Larmes“ (Die Tränen) (1932). Es bildet die Augen der Cancan Tänzerin Lydia ab, die Man Ray mit Glastropfen schmückte. Ihre Augen sind sehr gekünstelt geschminkt, sodass ihre Wimpern wie gefroren wirken. Die gefrorenen Wimpern und die (Glas-)Tränen sollen die Emotionslosigkeit der Tänzerin ausdrücken.
Man Ray fotografierte vermehrt einzelne Körperteile, um eine Durchbrechung von konventionellen Sehgewohnheiten zu erzielen und um auf ungewöhnliche Sicht- und Gestaltungsweisen aufmerksam zu machen. „Vielleicht ist ein Auge, ein Ohr, eine Nase oder ein Mund allein das vollkommene Porträt eines Menschen den man liebt.“ (Man Ray). Den Abschluss der Ausstellung MAN RAY – FOTOGRAF IM PARIS DER SURREALISTEN veranstalten die vier gezeigten Filme Man Rays in einem leicht abgetrennten Raum. Die vier Filme „Le Retour à la raison“ (Die Rückkehr der Vernunft) (1923), „Emak Bakia“ (1926), „L’Étoile de mer“ (Seestern) (1928), „Les mystères du Château de Dé“ (Die Geheimnisse des Würfelschlosses) (1929) zeigen wie Ray den Geist des Dadaismus und des Surrealismus auf die Leinwand übertragen hat.
Fazit: Die Ausstellung ist ein Absolutes-Muss für Man Ray Liebhaber und Freunde der surrealistischen Kunst.
Max Ernst Museum Brühl des LVR
Comesstraße 42/ Max-Ernst-Allee 1
D – 50321 Brühl/ Rheinland
Tel + [0] 2232 5793 0
Öffnungszeiten
Dienstag – Sonntag 11-18 Uhr
Eintritt
Erwachsene 6 Euro/ ermäßigt 3,50 Euro
Kinder uns Jugendliche bis 18 Jahre: Eintritt frei
Öffentliche Führungen
Sa. 15.30h | So. 13.30h und 15h
Dauer: 1 Stunde
5 Euro/ ermäßigt 3 Euro zzgl. Eintritt