Triggerwarnung! “Das ist keine Einladung zum Sex!”

Yael Ronen und ihr Gorki-Ensemble nehmen sich in >>Yes But No<< dem Thema #MeToo an und versuchen mit Witz und Gesang ein intimes Theater zu schaffen, welches interaktiv mit dem Publikum zusammenarbeitet.

Wellnessurlaub auf der Bühne. In Bademäntel gekleidete Schauspieler*innen (Riah May Knight, Lindy Larsson, Svenja Liesau, Orit Nahmias, Taner Şahintürk), die sich liegend auf den quadratischen Hockern rekeln und auf einen ruhigen Zuschauersaal warten, erlebt das Publikum eher selten. Sobald es still ist, berichtet die leicht bekleidete Schauspielerin Orit Nahmias, was an diesem Theaterabend passieren wird und zwar werden wir hier alle ganz intim. Auch wenn wir uns gerade mal 5-10 Minuten kennen, möchte das Gorki-Ensemble die Gelegenheit, in der Menschen nicht auf ihr Smartphone schauen, nutzen, um dem Riss im System, welches beispielsweise #MeToo möglich macht, eine lebenswertere Gesellschaft entgegensetzen. Eine Gesellschaft, die sich vom Machtgefühl der Dominanz entfernt und sich der Kooperation zuwendet. Aber die Einladung zum Versuch >>From Domination to Cooperation<< ist >>keine Einladung zum Sex!<<, betont Schauspielerin Nahmias, sondern ein Workshop, der im Anschluss an die Vorstellung versucht, gemeinsam mit den Zuschauern Grenzen auszuloten. Intim und musikalisch geht der Abend weiter und erforscht über (persönliche) Erlebnisse der Schauspieler*innen die Räume von sexuellen Erfahrungen, wie >>Hampelmänner tanzen<<, Experimente mit dem Dildo von Mutter oder haushaltsüblichen Gemüse. Oder Kondome auf Penisse aufziehen und sich gegenseitig im Arm halten, weil Homosexuelle das so machen.

>>YES BUT NO<<, Riah May Knight, Lindy Larsson, Taner Şahintürk, Svenja Liesau, Foto: Ute Langkafel.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die meisten Geschichten sind amüsant, zynisch und steigern sich bis zu Erlebnissen von sexuellen Missbrauch. Beispielsweise erzählt Schauspielerin Svenja Liessan von der täglichen Vergewaltigungen ihres Stiefvaters. Und von ihrer Mutter, die während der Momente des sexuellen Übergriffs im Bad den Haartrockner eingeschaltet hat. Diese Erzählungen sind sehr verstörend und nicht geeignet für vorbelastete Persönlichkeiten, weswegen es wünschenswert wäre, wenn in der Stückankündigung eine Triggerwarnung vermerkt wird.

Regisseurin Ronen koppelt die unterschiedlichen Erzählungen und Diskussionsbeiträge mit musikalischen Einlagen, die unter anderem von dem israelischen Komponisten Duo, Yaniv Fridel und Ofer Shabi und dem Songschreiber Shlomi Shaban produziert wurden. Die Gesangseinlagen des Ensembles passen sich der #MeToo-Thematik an und behandeln Problemfelder auf dem künstlerischen Niveau eines Musicals, wie >>eine Einverständniserklärung zum Sex<< oder wann ist ein NEIN! Ein NEIN! Auch wenn Ronens >>Yes But No<< zentrale Punkte der #MeToo-Thematik anspricht und einen Raum für sexuellen Missbrauch öffnet, ist die Inszenierung insgesamt eher schwach. Das liegt unter anderem an einem fehlenden Konstrukt oder Plot, der den Abend zusammenhält. Auch das Spiel mit Videoelementen ist eher mager; eine Livecam wäre hier für mich interessanter gewesen, als das bloße Abspielen von Videos. Beneidenswert ist aber, dass Ronen und ihr Ensemble versuchen mit >>Yes But No<< ein partizipatives Theater zu kreieren und die Theatervorstellung zu einem diskursiven Raum machen, um ein anderes Machtverhältnis zu schaffen.

>>YES BUT NO<<, Maxim Gorki Theater Berlin, Weitere Vorstellungen, 28.9., 5.10. und 29.10. Karten unter: ticket@gorki.de und 030 20221-115.

 

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