KARIO TRIFFT AUF DORTMUND

Die Choreografin Dalia Naous und die audiovisuelle Künstlerin Kinda Hassan erkunden im Schauspiel Dortmund im Rahmen des Festivals für arabische Ästhetik HUNA/K mit ihrem Gastspiel „CAIROGRAPHY“ am 30. September 2015 mit Tänzern und Akteuren den öffentlichen Raum als Ort von Zensur, Grenzen von Körper(-) und Sprache.

Zugehen, abgehen, aufsteigen, absteigen, fallen, aufstehen, Grenzen brechen, Beschränkungen aufheben und Position beziehen. Die Künstler von „CAIROGRAPHY“ erarbeiten mit simplen Bewegungen, in denen unter anderem die Körpersprache eine zentrale Rolle spielt, eine Choreografie, in der das Studio im Dortmunder Schauspiel als Erfahrungsraum erkundet wird. Im aufgemalten Dortmunder U gefangen, werden nach und nach Zuschauer, die sich später als Tänzer oder als Akteure der Inszenierung entpuppen, aus der Menge gezogen und im Studio platziert. Gemeinsam mit den beiden Tänzern (Dalia Naous, Mohammed Fouad) bekommen die Akteure Anweisungen, in welcher Reihenfolge sie sich zu bewegen haben. Zu pulsierender Musik bewegen sich die Tänzer synchron zwischen den Akteuren (stationierte Tanzobjekte), stellen ausdrucksstark durch Zugehen und Abgehen zwischen den Objekten persönliche Nähe und einen öffentlichen Raum her, in dem die Grenzen von Körper und Körpersprache ausgedrückt werden.

Entscheidet ist neben dem örtlichen Tanz, die Wechselbeziehung zu den audiovisuellen Arbeiten der Künstlerin Kinda Hassan. Die Videoausschnitte aus Kario, die nicht nur einen Einblick in die Stadt Kairo zwei Jahre nach Beginn der zunehmenden Militarisierung Ägyptens ermöglichen, sondern in dem die Künstler den öffentlichen Raum Kairos als Ort der Zensur enthüllen und mit Akteuren Möglichkeiten erforschen, um mit diesen Beschränkungen, Grenzen und Zensuren in Konflikt treten zu können. Dabei wird der Körper zum Medium und der Raum zum Ort des Ausdrucks und der Selbstfindung. Besonders gelungen ist die Wechselbeziehung zwischen den Dortmunder Akteurinnen und der Akteurinnen in Kairo, die gemeinsam mit Körpern und audiovisueller Kunst auf die Unterdrückung der Frau in Kairo aufmerksam machen, in dem die Dortmunder Akteurinnen im Studio verteilt, auf eine Tonspur treffen, die Konventionen verbreitet, wie „Niemals Haut zeigen!“, „Leggins ist Unterwäsche!“, „Immer eine Sonnenbrille tragen, um Augenkontakt zu vermeiden!“. Nachdem die Dortmunder Akteurinnen von der Tonspur beschallt wurden, treten die Akteurinnen aus Kairo über Videoausschnitte mit den Beschränkungen in Kairo durch das Zeigen von offenen Haar oder dem Rauchen einer Zigarette auf offener Straße in Konflikt.

Die Tanzperformance „CAIROGRAPHY“ wird somit zu einem politisch-reflektierten Gesamtkunstwerk, in dem der Körper die Worte größtenteils ablöst, persönliche Ereignisse und Bedürfnisse im öffentlichen Raum einen Platz einräumt und so gegen Beschränkungen, Grenzen und Zensuren vorgeht.

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