Robert Habeck (Grüne): Der Philosoph von der Waterkant

Verhandlungen führt er auch mal mit Rum auf dem Meer. Robert Habeck ist ein norddeutscher Jung und führt zusammen mit Annalena Baerbock die Grünen.

Es ist eine historische Chance: Erstmals in der deutschen Geschichte können die Grünen vielleicht einen Bundeskanzler stellen. Dafür schickt die Partei Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin ins Rennen. Robert Habeck bleibt zusammen mit Baerbock Parteichef. Der frühere Umweltminister von Schleswig-Holstein gibt Co-Chefin Annalena Baerbock den Vortritt.

Wer ist Robert Habeck? Der populäre Grüne teilt sich seit 2018 den Bundesvorsitz mit Baerbock. Und gemeinsam führen sie ihre Partei seitdem zu einem bisher unbekannten Höhenflug. In den meisten Umfragen liegen die Grünen als zweitstärkste Kraft knapp hinter der Union. Dadurch haben sie einen klaren Machtanspruch auf das Kanzleramt. Ein großer Sprung.

Robert Habeck: Ausbildung, Privatleben und Politischer Aufstieg

Robert Habeck, Parteichef Bündnis 90 / Die Grünen, Berlin. Foto: Urban Zintel.
Robert Habeck, Parteichef Bündnis 90 / Die Grünen, Berlin. Foto: Urban Zintel.

Erst mit Anfang 30 ist Habeck in die Politik gegangen, hauptsächlich wegen sicherer Fahrradwege für seine Söhne in Schleswig-Holstein. Der 1969 in Lübeck geborene Apothekersohn studierte Philosophie, Germanistik und Philologie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg (Breisgau) und promovierte in Philosophie mit seiner Arbeit „Literarische Ästhetizität“ (2000) an der Universität der Hansestadt Hamburg.

Schon kurz nach seinem Magisterstudium heiratete er 1996 seine Jugendliebe, die Schriftstellerin Andrea Paluch. Sie haben sich während der Studienzeit beim Theaterspielen kennengelernt. Beide verbindet die Schriftstellerei. Gemeinsam veröffentlicht das Ehepaar, das mit vier Söhnen in der Nähe von Flensburg lebt, Jugendbücher und Romane, wie „Unter dem Gully liegt das Meer“ (2007).

Seiner Familie und seinem späten Einstieg in die Politik verdanke er eine große innere Gelassenheit, sagte Robert Habeck kürzlich in einem Interview: „Ich hatte ein Leben vor der Politik, und ich weiß darum, dass es auch ein Leben nach der Politik geben kann. Das gibt mir innere Freiheit.“

Robert Habeck (Grüne): Promovierter Philosoph und Berufspolitiker – trinkt mit Fischern Rum

Habeck, ein geübter Gast in den Talkshows, steht für eine neue Generation der Grünen. Er versucht über einen breiten Dialog und mit viel diplomatischem Geschick eine gesellschaftliche Mehrheit bei wichtigen Themen anzusprechen. Bereits 2002, zu Beginn seiner politischen Karriere, gilt Habeck mit seiner hanseatischen Gelassenheit, als ein Hoffnungsträger der Grünen und sein optimistisches Charisma lässt das Stigma der Grünen, sie sei eine Verbotspartei, verschwinden.

Während seiner sechsjährigen Amtszeit als Minister für Energiewende, Landwirtschaft und Umwelt in Schleswig-Holstein zeigte eine Anekdote seinen unkonventionellen Umgang mit Menschen: So soll Habeck als damaliger Minister mit den Fischern raus auf die hohe See gefahren sein. Sie debattierten bei einer Flasche Rum über Fischfang, Umweltschutz und Tierschutz – und erzielten am Ende einen Konsens.

Die Fischer sollen der Überlieferung nach von der Trinkfestigkeit des Grünen-Politikers beeindruckt gewesen sein. Und haben eingesehen, dass ein Schutz der Fischbestände auch in ihrem Interesse liegen kann. Oft suche der Minister über ungewöhnliche Wege eine gemeinsame Basis für einen Dialog, heißt es. Die Geschichte mit den Fischer und dem vielen Rum wird von seinen Anhängern immer wieder gerne ausgegraben.

Machtkampf bei den Grünen: Habeck und Baerbock verkörpern eine neue Generation

Anders als die vergangene grüne Führungsgeneration um Jürgen Trittin, Renate Künast oder Claudia Roth, steht Habeck nicht für ideologische Grabenkämpfe. Er versucht eine Politik mit Konsens, gemischt aus Vision und Realismus, wie er sagt. Er will „auch die, die nicht in den Biomarkt gehen und heiter weiter Currywurst essen wollen“, weiter ansprechen und sie als wichtigen Teil der Gesellschaft anerkennen.

In seinem Buch „Patriotismus: Ein linkes Plädoyer“ (2010) spricht sich der Berufspolitiker für das Gemeinwohl aus und schreibt „Heimat ist das Gegenteil von Hotel. Dort ist man nicht zu Hause, trägt keine Verantwortung“. Für diese Vorgehensweise erhält seine Partei derzeit viel Zuspruch von der Gesellschaft. Das neue Wahlprogramm, das Habeck zusammen mit seiner Co-Vorsitzenden Annalena Baerbock auf den Weg gebracht hat, unterstützt dabei diesen Kurs. Im Kern setzt es auf mehr Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, Forschung, Bildung und Entwicklungen für zukunftsfähige Technologien.

Mit ihrem Höhenflug haben die Grünen erstmals einen klaren Machtanspruch. Annalena Baerbock trat erst vor drei Jahren öffentlich so richtig in Erscheinung, hat sich aber bereits mit einer selbstbewussten und dynamischen Art einen Namen gemacht. Obwohl Robert Habeck im Gegensatz zu Baerbock bereits Regierungserfahrung wurde sie zur Spitzenkandidatin gewählt.

(Zuerst veröffentlicht auf 24hamburg.de ( 19. April 2021) ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.)

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