Europas Schmutzwäsche in der Reinigung

Die radikale Performancekünstlerin Angélica Liddell trifft mit >>Toter Hund in der Chemischen Reinigung: die Starken<< verschiedene Nerven von Europa und verlangt nach einem Humanismus, der gegen alles rebelliert, was den Menschen verletzt.

Momentan hat Europa viel dreckige Wäsche zu waschen. Deswegen ist es kaum verwunderlich, dass sich Europas dystopische Zukunft in einer chemischen Reinigung befindet, in der fünf unterschiedliche Existenzen auf einer Wiese des Unbewussten aufeinandertreffen, um ihre Schmutzwäsche bei dem Reinigungsangestellten Octavio (Ulrich Hoppe) zu reinigen. Bevor sich Octavio an der Wäsche vergeht, erschlägt er einen Hund, der bei so viel Blut aussieht, wie ein Mensch. Im lebenden Zustand, ist der Hund aber wesentlich mehr Wert als ein Mensch, versichert uns der Schauspieler Damir Avdic. Er muss wegen der >>scheiß Dreckschlampe von Regisseurin<< einen Hund spielen, weil ein Schauspieler günstiger ist als ein Hund. Um seinen Ärger Ausdruck zu verleihen, macht er erst mal einen Stuhl kaputt. Die weiteren Darsteller folgen ihm. Zerstören und aufräumen, wie im Kriegszustand. Und nun zu Rousseaus Gesellschaftsvertrag, mal schauen, was wir hier unterschrieben haben.

>>Die Erhaltung des Staates ist mit der Erhaltung des Feindes inkompatibel. Einer von beiden muss sterben.<< (Jean-Jacques Rousseau)

In >>Toter Hund in der Chemischen Reinigung: die Starken<< beschreibt die Regisseurin und Autorin Liddell viele wunde Punkte Europas – der Text wurde vor 10 Jahren unter dem Einmarsch der USA in den Irak geschrieben-, wie beispielsweise Islamophobie, Lohndumping, die Zuspitzung des Kapitalismus und den vermeintlichen Untergang der Demokratie.

1490262296_k1600_toter_hund_ph-9893Iris Becher. Foto: Gianmarco Bresadola.

Dabei verwendet sie verschiedene ästhetische, literarische und philosophische Quellen, die den Abend sehr komplex, vielseitig und außergewöhnlich haben werden lassen. Vieles bleibt ungeklärt im Raum stehen, was aber nicht sonderlich schlimm ist, sondern zum erneuten Besuch einlädt. Besonderes schön ist eine direkte Bezugnahme zu Peter Handkes >>Publikumsbeschimpfung<<, in der Zuschauer mit vulgären Worten angegriffen werden, sodass einige an diesen Abend mit Widerworten den Saal verlassen. Auch das Bühnenbild hat abenteuerliche Elemente zu bieten, wie das Gemälde >>Die Schaukel<< von Jean-Honoré Fragonards, welches das freizügige Ende des Ancien Régime einläutet und Wegbereiter für die französische Revolution ist. Oder das Gemälde aus Blumen und die Schaukel, äquivalent zu Fragonards Gemälde. So aufregend und kurios der Abend war, etwas lang war er schon.

>>Toter Hund in der Chemischen Reinigung: die Starken<<| Schaubühne Berlin| Spieltermine: 12.4., 8.5., 9.5., 10.5.2017| Jeweils um 19.30 Uhr| Karten unter: ticket@schaubuehne.de oder 030-890023

 

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