„Hör’ma Houellebecqs Leichenteile sehen aus, wie ein Gemälde von Pollock!“

„Karte und Gebiet“ Christoph Luser Foto: Sebastian Hoppe

Das Houelllebecqsche Künstlerdrama „Karte und Gebiet“ erlebte am Wahlsonntag 2013 unter der Regie vom Postdramatiker Falk Richter eine gelungene Wiederaufnahme im Düsseldorfer Schauspielhaus.

Überall sind Bilder und Fotos auf dem schiefen Bühnenboden verteilt. Mikros. Kameras und unendlich viele Leinwände, die zeitweise als Tische, Stühle, Trennwände oder Türen fungieren, lassen beim Betreten des Spielraums Falk Richters Handschrift erkennen. Der Regisseur hat eine Vorliebe für moderne Technologie als theatralisches Element. Richters neuste Inszenierung „Karte und Gebiet“ von Michel Houellebecq thematisiert einen jungen Künstler namens Jed Martin (Christoph Luser), der mit Fotografien von metallischen Utensilien und Karten eine Ausstellung plant. Damit die Ausstellung zum großen Erfolg wird, soll der stark umstrittene französische Autor Michel Houellebecq (Olaf Johannessen) das Vorwort für den Katalog schreiben. Leichter gesagt als getan, denn der französische Autor hat ein leichtes Alkoholproblem, was natürlich nur den hirnlosen Journalisten angelastet werden kann. Mal ehrlich, wer erträgt schon hohle Nüsse nüchtern. Und schließlich ist Houellebecq der >>Baudelaire des Supermarkts<<.

Neben der hochtalentierten schauspielerischen Leistung von Olaf Johannessen, der unter anderem als Houellebecq auftritt, fragt man sich, was der leicht verwirrte Jüngling als Verkörperung von Jed Martin auf der Bühne zu suchen hat. Nicht nur als Liebhaber mit schlecht gespielter Erektion, die ihn anscheinend peinlich zu spielen scheint, sondern auch sonst verblasst die schauspielerische Leistung von Christoph Luser –Nachname ist anscheinend Programm–. Zwei Mal muss die aufmerksame Souffleuse Pia Beine als ‚Textmobilisator‘ anspringen, damit die Inszenierung weiterlaufen kann und letztlich scheint Christoph Luser so gar nicht in seiner Rolle aufzugehen. Im Gegenteil zum restlichen Ensemble, wo die „Kratzszene Houellebecqs“ von Johannessen mehr erotische Spannung verbreitet als Lusers „Erektionsszene“. Auch die unglaublichen Verwandlungskünstler Moritz Führmann und Karin Pfammatter erweisen nicht nur Talent, sondern machen auch eine gute Figur auf der Bühne.

Die postdramatische Bühnenbearbeitung „Karte und Gebiet“ von Falk Richter vermittelt hervorragenden den Künstlerroman von Houellebecq mit modernen Hilfsmittel als theatralische Elemente, wie der Einbindung von Projektionen und Livemusik von Malte Beckenbach. Genauso beeindruckend ist die Konstitution des Bühnenbildes von Katrin Hoffmann, das nicht nur Jed Martins Aussage: „Das Einzige, was ich in meinem Leben habe, sind Wände“ beherzigt, sondern Projektionen zur emotionalen Untermalung verwendet, wie in der Szene, wo Vater Martin über seine Zeit als Architekt erzählt. Hier werden architektonische Bauwerke eingeblendet. Zusammenfassend ist „Karte und Gebiet“ ein absolutes Kunstwerk, denn selbst der am Ende zerstückelte Houellebecq erinnert an ein Gemälde von Pollock.

Düsseldorfer Schauspielhaus: So. 27.10., 19.30 Uhr

Karten unter (0211) 36 99 11 oder http://duesseldorfer-schauspielhaus.de/de_DE/Aktuell/Karte_und_Gebiet.783850#

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